In der Wissenschaft der Manuskriptkulturen besteht in einigen Fällen ein Spannungsfeld zwischen dem Erhalt eines originalen Manuskript-Fundstückes und seiner vollständigen Erforschung. Zur Kommunikation wurden beispielsweise in der Mittelbronzezeit Tontäfelchen als Träger von Keilschriftnachrichten verwendet. Die Tontafeln selbst waren manchmal wieder in einen Tonumschlag gehüllt, damit die Nachricht nur der Empfänger lesen konnte, oder er zumindest wusste, dass jemand anderes die Nachricht gelesen hatte, wenn der Tonumschlag defekt war oder fehlte. Tontafeln mit „Umschlag“ sind bis heute erhalten und werden in der Forschung zu Manuskriptkulturen untersucht, was bedingt, dass die Forscherin oder der Forscher die umschlossene Nachricht lesen möchte. Das Lesen des Inhaltes eines verschlossenen „Briefes“ und der Erhalt des „Umschlags“ sind allerdings zwei gegenläufige Ziele. Mit einem Röntgensystem von VisiConsult muss kein Kompromiss zwischen diesen beiden Zielen eingegangen werden. Als Beispiel dient die Replika einer Tontafel mit assyrischer Keilschrift.

Information als Motor jeder Forschung

Der Brief samt Umschlag aus Ton ist nur wenige Zentimeter groß, wodurch er z.B. einfach auf den Drehteller in einer CT-Inspektionskabine von VisiConsult platziert werden kann. Geschäftsführer Lennart Schulenburg erklärt „Für die meisten unserer Kunden stehen Informationen zu Abweichungen, Defekten oder ähnlichem im Vordergrund. Beispielsweise im Bereich der Luftraumfahrt, wo Sicherheit ein essentieller Faktor ist.“ Aber die Anlagen finden vermehrt in weiteren Anwendungsgebieten ihren Einsatz, wie im vorliegenden Fall – dem Bereich der Manuskriptforschung. Im Fokus stehen hier statt Defekten vielmehr Informationen, die der Forschung dienen, und durch Röntgentechnik gewonnen werden können.

Reproduktion eines Keilschriftbriefes
Abbildung 1 Cécile Michel schreibt einen Keilschriftbrief auf Ton im altassyrischen Dialekt. Foto: Vanessa Tubiana-Brun (CNRS).
Untersuchung des digitalen Briefes
Abbildung 2 Nach der Evaluation kann die digitale 3D-Version des Briefes beliebig untersucht werden.

Von der Sammlung in die Röntgenkabine

Das Original der hier angesprochenen Tontafel aus dem 19. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung entstammt einem privaten Archiv von Händlern. Der enthaltene Keilschrifttext stellt einen der ersten Hinweise auf assyrische geschriebene Sprache dar. Eine Replika wurde von Professor Cécile Michel erstellt: „Wir haben diese Replik und ihre Hülle erstellt, um zu verstehen, wie die Menschen im alten Mesopotamien auf Ton geschrieben und Tonhüllen hergestellt haben, und auch um ein Muster zu haben, an dem wir Tests durchführen konnten. Das Ziel war es, eine nicht-invasive Methode zu entwickeln, um die in ihrer Hülle eingeschlossene Tafel zu lesen.“

Der CT-Scan erfolgt zum einen, abstrakt dargestellt, mittels Röntgenquelle, die den Röntgenstrahl erzeugt, der wiederum die Tontafel durchdringt, je nach Materialdichte abgeschwächt wird und auf einen Detektor einfällt. Die Tontafel wird zwischen Röntgenröhre und Detektor in zahlreichen Blickwinkeln insgesamt um 360° weitergedreht. Aus diesen zahlreichen aufgenommenen Projektionen erfolgt eine Berechnung der einzelnen 2D Pixel zu Volumen-Pixeln, den Voxeln. Anders gesagt: Es entsteht eine digitale 3D Darstellung des Tonbriefes.

Verborgene Nachrichteninformationen zerstörungsfrei untersuchen

Die verborgene Botschaft wird auf dem Monitor enthüllt. Besonders hilfreich ist dabei die deutliche Lesbarkeit der Keilschrift. Der Text zeigt eine Nachricht von zwei Schwestern an ihren Bruder. Sie tadeln ihn ob seiner Profitgier und des Vernachlässigens seiner religiösen Pflichten.

Die CT-Technik konnte Professor Ralf Möller, Direktor des Instituts für Informationssysteme, an der Universität zu Lübeck überzeugen: „Diese zerstörungsfreie Methode hat sich hervorragend bewährt. Am Monitor wird einfach eine Transparenz für den Umschlag eingestellt und schon blickt man in das Innere. Die Botschaft wird lesbar.“ Dadurch bleibt, wie im vorliegenden Fall, das Fundstück weiterhin konserviert. Zudem können viele Software- und auch Hardware-Filter eingesetzt werden, z.B. zur Visualisierung unterschiedlicher Materialien. Die Digitalisierung von Exponaten ist ein nicht zu unterschätzender Mehrwert. Dadurch eröffnen sich weitere, spannende Möglichkeiten, wie das Erleben von Exponaten mittels Virtual Reality.

Transparenzdarstellung des Umschlags
Abbildung 3 Auch Transparenzen können eingestellt werden, wie hier für den Umschlag. Lediglich der Brief im Inneren ist noch deutlich zu erkennen.
Abbildung 4 Die HDX T.225 ist eine Hochpräzisions-CT-Anlage, die besonders für den Bereich der Forschung geeignet ist.

Röntgensysteme für die Forschung

Für den Forschungsbereich eignen sich insbesondere zwei Hochpräzisions-CT-Anlagen der neuen HDX-Produktlinie VisiConsults: Die HDX T.225 mit 225 kV, sowie die HDX T.450 mit entsprechenden 450 kV. Jason Robbins, Head of Sales bei VisiConsult, ergänzt: „Forschungseinrichtungen profitieren hierbei von den vielen Möglichkeiten der flexiblen Konfiguration. Abhängig von den Untersuchungsobjekten, können wir entsprechende Röntgenquellen, Detektoren und weitere Features zusammenstellen, die dem jeweiligen Untersuchungsbedarf passgenau entsprechen.“ Die HDX-Linie soll bald um eine dritte Anlage erweitert werden. Forschereinrichtungen können sich also auf weitere, spannende Technik freuen!

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